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Modellprojekte

 
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6. Modellprojekt (seit 1984)

"Fazenda Riachão/Brasilien"

Historischer Hintergrund der Gemeinde "Riachão"
Im Jahr 1977 wurde westlich von Paulo Afonso am Rio São Francisco das Wasserkraftwerk ?Apolônio Sales? (früher "Moxotó") fertiggestellt und der zugehörige Stausee geflutet. Auf einer Länge von 50 Kilometern musste die von Subsistenzlandwirtschaft und Fischfang lebende Landbevölkerung dem Wasser weichen. Die Landbevölkerung wurde von den fruchtbaren Schwemmlandböden am Ufer des Rio São Francisco auf steiniges, wenig fruchtbares Land an den Rand des neuen Stausees zwangsumgesiedelt. Die gewachsenen dörflichen Strukturen und Traditionen der betroffenen Menschen wurden dabei zerstört, ein Umstand, unter dem die Menschen bis heute zu leiden haben. Das Leben die älteren Bewohner der Gemeinde Riachão - eine der umgesiedelten Gemeinden am Stauseeufer - ist heute von Arbeits- und Perspektivlosigkeit geprägt. Die jungen Männer wandern größtenteils ab und arbeiten meist im Baugewerbe, oft Hunderte oder gar Tausende Kilometer von ihren Familien entfernt. Im Dorf herrscht dadurch eine gewisse Leere. An den Wochenenden werden Alkoholismus, Prostitution und Gewalt zum Alltag. Eine weitere Folge der Zwangsum-siedlung ist eine gewisse Gleichgültigkeit der Menschen dem Leben gegenüber. Sie hat die Verschmutzung des dörflichen Umfeldes mit Unrat und Müll zur Folge, auch weil es bis heute keine reguläre Müllabfuhr gibt. Schwer wiegt auch die Tatsache, dass der steinige, wenig fruchtbare Boden nur mit Mehraufwand dauerhaft bewirtschaftet werden kann, ein Hemmnis für viele Kleinbauern. Etliche Felder werden deshalb nur sporadisch bebaut und können die Existenz der Kleinbauernfamilien nicht sichern. Viele Felder liegen auch dauerhaft brach, weil die Art der traditionellen Bewirtschaftung durch Erosion und Humusabbau zur weiteren Verarmung der Böden geführt hat.

Das Modellprojekt "Fazenda Riachão" (Gründung 1984)
Wolfgang Anton Knoch, Gründungsmitglied und Leiter der Ländlichen Heimvolkshochschule Lauda (seit 1999), war von 1980 bis 1992 Entwicklungshelfer am Rio São Francisco in der oben genannten Region. 1984 verlegte er seinen Wohnsitz von Paulo Afonso in die zwangsumgesiedelte Gemeinde "Riachão" und begann mit dem Aufbau des landwirtschaftlichen Modellprojekts "Fazenda Riachão." Ziel war und ist es Wege für eine langfristig nachhaltige Bewirtschaftung der steinigen Böden aufzuzeigen. Organischer Landbau mit Tierhaltung unter Berücksichtigung der natürlichen Gegebenheiten konnte die Bodenfruchtbarkeit nachhaltig verbessern. Die unmittelbare Lage am Stauseeufer ermöglicht Bewässerung und damit ganzjährigen Anbau, im Gegensatz zum trockenen Hinterland, wo nur Regenfeldbau möglich ist. Der Aufbau des Projektes wurde stets unter Mithilfe der ansässigen Landbevölkerung durchführt. Das steinige, damals verödete Ackerland wird seit 1984 nach biologisch-organischen Gesichtspunkten bewirtschaftet, wodurch sich auf dem flachgründigen Gelände erstaunlich große Bäume entwickeln konnten, die ihrerseits den Boden weiter aufschließen. Der organische Dung aus der Rinder- und Ziegenhaltung und der Anbau von Feldfutter wie beispielsweise Elefantengras und der Leguminosen Leucaena und Guandú hat zur Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit enorm viel beigetragen. Auf dem 12 ha großen Gelände wachsen heute rund eintausend Frucht-, Schatten- und Medizinalbäume sowie diverse Palmenarten. Die positive Entwicklung im Modellprojekt beweist eindeutig, dass eine nachhaltige landwirtschaftliche Nutzung der kargen Böden am Stauseeufer möglich ist. Die Bodenfruchtbarkeit kann durch biologisch-organische Bewirtschaftung stetig verbessert werden. Seit 1991 bewirtschaftet der Projektverwalter Custódio Bezerra Honorato mit seiner Familie das Modellprojekt. Die Familie ist an die extremen Klimaverhältnisse und schwierigen Rahmenbedingungen des Landlebens im Nordosten Brasiliens gewöhnt. Durch die bäuerliche Herkunft und die frühere Arbeit in anderen Projekten bestehen gute Kenntnisse im Bewässerungsfeldbau. Bis 1988 war die Familie auf den Flussinseln des Rio São Francisco bei Itacuruba tätig, die sie dann wegen der Flutung des Itaparica-Stausees verlassen mussten. Dieser weitere Stausee am Rio São Francisco erstreckt sich über 135 km Länge und bedeckt heute 834 qkm ehemaliges Weideland und unzählige Felder der fruchtbaren Schwemmlandböden am einstigen Flussufer.

Aktueller Stand der Projektarbeit

Nach über 25-jähriger Entwicklungsarbeit im Modellprojekt "Fazenda Riachão" sind die positiven Wirkungen auf die Bodenfruchtbarkeit und unmittelbare Umwelt deutlich sichtbar. Viele Dorfbewohner waren seither an der Projektarbeit aktiv beteiligt und konnten sich dadurch ein stückweit den eigenen Lebensunterhalt verdienen. Neben der Erzeugung von geschmackvollen biologischen Lebensmitteln trägt das Modellprojekt wesentlich zum Schutz der Umwelt bei. Dies wird insbesondere durch folgende Maßnahmen erreicht:   - Bodenschutz durch den Anbau der Baumkulturen entlang von Höhenlinien und die Abdeckung des Bodens mit organischen Materialien. - Infiltrationsbewässerung über ein Furchensystem, welches auch Regenwasser bei Starkregen auffängt und in geordneten Bahnen ableitet ohne Erosion zu verursachen.- Etablierung einer üppigen Ufervegetation auf dem 650 m langen und bis zu 30 Meter breiten ehemalig vegetationslosen Uferstreifen des Projektgeländes durch Nicht-Beweidung. Die heimische Buschvegetation mit vielen hohen Bäumen konnte sich am Stauseeufer spontan neu bilden.- Null Eintrag von Düngemitteln oder Pestiziden in den Stausee durch giftfrei praktizierten biologisch-organischen Anbau. Keinerlei Einleitung von Abwässern in den Fluss durch den Bau von hofeigenen Klärgruben.- Veränderung des Mikroklimas durch den mehrstufigen Anbau von Bäumen, Sträuchern und einjährigen Kulturen. Die direkte Sonneneinstrahlung und Austrocknung des nackten Bodens ist heute durch die Beschattung wesentlich verringert.

Nutzung der Projekterfahrungen für die Allgemeinheit
Zur Weitergabe der Erfahrungen aus dem Modellprojekt wurden 2008 auf dem Gelände 9 Ackerflächen mit je ca. 20 Ar eingerichtet. Sie sind in das Bewässerungsnetz eingebunden und zum Schutz vor Austrocknung mit Niembäumen eingefriedet. Diese Ackerflächen sollen durch LandarbeiterInnen und Kleinbauern aus dem Dorf mit Feldgemüse für den Eigenbedarf und Verkauf bestellt werden. Mit diesem Anbauprojekt werden folgende Ziele verfolgt:   - Anleitung und Ausbildung von interessierten LandarbeiterInnen und Kleinbauernfamilien in organisch-biologischer Wirtschaftsweise.- Stärkung der familiären Landwirtschaft als Alternative zu Hühner-, Schweine- und Fischzuchtprojekten externer Investoren, die ausschließlich auf industriell aufbereiteten Kraftfuttermitteln mit Arzneimittel- und Hormonzusätzen basieren. Diese Projekte verschlechtern zunehmend die Wasserqualität des Rio São Francisco, der Hunderttausenden Menschen als Trinkwasserquelle dient. - Mehr Natur- und Umweltschutz durch die Förderung der bewussteren Wahrnehmung des eigenen Umfeldes. Die Abwasser- und Müllprobleme in den Gemeinden am Rio São Francisco haben bedrohliche Ausmaße angenommen.
- Verminderung von Arbeits- und Perspektivlosigkeit. Eindämmung des Alkoholismus durch kreative Arbeit und das Aufzeigen neuer Lebensperspektiven.
- Schutz der ursprünglichen Caatinga-Vegetation, die immer mehr verschwindet. Bewahrung des Jahrtausende alten Landschaftsbildes, das auf extremen Klimabedingungen beruht - dem Wechsel langer Trockenzeiten mit plötzlichen Starkregen - und dessen Gleichgewicht sehr sensibel ist.

Weitere Projektentwicklung und geplante Projektmaßnahmen

Mit der Übernahme der Projektleitung durch Felípe Flávio Knoch (Schreinermeister) und seiner Lebenspartnerin Lou Pascale Hofmann (Kunsttherapeutin) im Jahr 2014/15 sind folgende Maßnahmen zur Weiterentwicklung des Modellprojektes und Förderung der Allgemeinheit geplant:
- Aufbau einer Schreinerwerkstatt zur Produktion von Möbel und Holzspielzeug aller Art zur Ausbildung und Beschäftigung von Jugendlichen aus dem Dorf.
- Eröffnung eines Bioladens im Zentrum von Paulo Afonso zur Vermarktung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und auch der Möbel und Spielwaren aus der Schreinerwerkstatt.
- Verstärkte Erzeugung und Vermarktung von Biogemüse (Tomaten, Zwiebel, Knoblauch, Salate, Gemüsezwiebel,  Paprika, Koriander, Grünmais, Pflückbohnen, Wasser- und Honigmelonen, Süßkartoffeln, Maniok, Kürbis, etc.) auf den dafür bereits vorbereiteten Parzellen.
- Aufbau eines Kindergartens/einer Kinderkrippe für die Dorfbevölkerung mit Schulgarten in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung von Nova Gloria.
- Aufbau einer Künstlerwerkstatt und Theatergruppe mit der Dorfbevölkerung zur Förderung kreativer Fähigkeiten. Tanz- und Capoeira-Kurse zur Stärkung des Selbstbewusstseins der Dorfjugend und als eine Form sinnvoller Freizeitgestaltung anstelle von Alkohol, Drogen und (Kinder)prostitution.

Projektauswertung und Perspektiven
Das Projekt "Fazenda Riachão" kann durch Mitglieder der Ländlichen Heimvolkshochschule Lauda besucht, begutachtet und ausgewertet werden. Sie können Anregungen für die weitere Projektentwicklung geben. Die Mitglieder der Ländlichen Heimvvolkshochschule Lauda werden bei der Mitgliederversammlung über den Fortgang der Projektentwicklung durch Schulleiter Wolfgang Knoch informiert.  
In Anbetracht der gewaltigen Bevölkerungsexplosion in Brasilien und der damit einhergehenden Zerstörung vieler Naturräume [Caatinga (Buschwald im Nordosten Brasiliens), Cerrado (Trockenwald in Zentralbrasilien), Amazonasregenwald im Norden und Pantanal (größtes Feuchtgebiet der Erde in Südwestbrasilien)] sind überall nachhaltige Entwicklungskonzepte vonnöten

Projektförderung
Die Grundkosten des gemeinnützigen Förderprojekts "Fazenda Riachão/Brasilien" sollen durch Spenden von interessierten Fördermitgliedern der Ländlichen Heimvolkshochschule Lauda e.V. abgedeckt werden, damit für die weitere Projektentwicklung der notwendige Handlungsfreiraum entsteht.
Die Grundkosten beinhalten:
- Lohnkosten für eine brasilianische Mitarbeiterfamilie, die das Projekt bewirtschaftet und in seiner Grundstruktur erhält.
- Kosten für die Bewässerung (Strom- und Wasserkosten) der gesamten Projektfläche und Instandhaltung der Pumpstation und Bewässerungsstruktur.
- Kosten für den Betrieb, die Instandhaltung und die jetzt anstehende Erneuerung der Agrartechnik: 18 PS Traktor, Einachsanhänger, Mulchgerät, Kleintransporter.

Der monatliche Förderbeitrag eines Fördermitgliedes kann im Bereich von zehn und fünzig Euro liegen. So können mit einer überschaubaren Gruppe von Fördermitgliedern die Grundkosten für das Projekt abgedeckt werden können. Die Fördermitglieder erwerben sich durch ihre Unterstützung die Möglichkeit das Modellprojekt bei freier Kost und Unterkunft zu besuchen und können sich dabei einen direkten Einblick über den Fortgang der Projektentwicklung verschaffen. Zu diesem Zweck wurde 2009 mit dem Bau eines Gästehauses begonnen, das allen Besuchern einen angenehmen und entspannten Aufenthalt auf den Hofprojekt garantieren soll. Interessierte Menschen aus Deutschland haben durch ihr Engagement somit die Möglichkeit ein brasilianisches Entwicklungsprojekt unmittelbar zu unterstützen und es zu gegebener Zeit auch selber kennen zu lernen.

Hier finden Sie aktuelle Bilder zur Fazenda: 
  

https://www.facebook.com/Faz-Cora%C3%A7%C3%A3o-Verde-Riach%C3%A3o-499859926869554/

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